Aller Anfang ist schwer..

15.07.2018

Sich beim ersten eigenen Hund ein besonders schwieriges Exemplar auszusuchen ist nicht zu empfehlen. Doch das Herz entscheidet. Am Ende bekommt man den Hund den man braucht.

Wie bereits erwähnt ist Foxy mein erster eigener Hund. Damit waren Fehler meinerseits natürlich vorprogrammiert. Man kann sich noch so sehr informieren, Bücher und Foren lesen, Freunde die sich auskennen ausquetschen, jede Sendung über Cesar Milan und Martin Rütter im Tv gucken, sich einen Jahresvorrat an Putzmittel und Kleenex zulegen, Klicker, Spielzeug, Schleppleine kaufen. Man hat trotzdem KEINE Vorstellung wie es in der Realität aussieht. Denn das Foxy ängstlich war, war so ziemlich die einzige Info die ich hatte. WIE ängstlich, davon hatte ich ja sowas von keine Ahnung! Ich würde dieses Verhalten, welches sich zum Teil bis heute nicht gelegt hat, nicht als ängstlich, sondern ganz klar als schwer traumatisiert beschreiben.

Jeder Hund ist anders und es gibt keinen ängstlichen Hund nach Schema F. Hinzu kommt dass Podencos als stur und nicht leicht erziehbar gelten. Wenn sie nicht wollen, dann geht gar nichts. Mit Gehorsam muss man schon gar nicht kommen. Wenn der Podenco gehorsam sein wollte, wäre er ein Schäferhund geworden. Hab ich mal gelesen und finde es mehr als zutreffend.

Mit all dem naiven Wissen und einer gehörigen Portion "Es wird schon gut gehen" im Gepäck stürzte ich mich ins Abenteuer Hund.

Der wohl allergrösste Fehler, den die meisten frischgebackenen Tierschutzhundebesitzer  begehen, ist Mitleid zu haben.

Ja das war und ist teilweise heute noch meine grösste Schwierigkeit. Hunde empfinden Mitleid beim Menschen als Schwäche. daher müssen sie die Kontrolle übernehmen. Was für einen an sich schon gestressten und unsicheren Hund einfach zu viel ist. Für die Hund-Mensch Beziehung ist dies ebenso nicht förderlich, wenn der Hund denkt dass sein Mensch die Situation nicht unter Kontrolle hat. Bei manchen Hunden kann das sogar zu aggressivem Verhalten führen, weil er denkt, die Beschützerrolle übernehmen zu müssen. In einem späteren Bericht werde ich noch genauer auf dieses Thema eingehen.

Foxy ist jetzt dreieinhalb Jahre bei mir. Viele seiner Aengste hat er abgelegt. Einige sind geblieben. Inzwischen weiss ich wie ich damit umgehen muss, was geht und was eben nicht.

Die ersten Tage frass er mir nur aus den Händen, da er sich vor dem Fressnapf fürchtete. Ebenso vor Spielzeug. Schnelle Bewegungen gingen gar nicht, jedes Geräusch versetzte ihn in Panik, er schlief kaum. Niemand ausser ich konnte ihn berühren, ein ganzes Jahr lang. Selbst mit Hundekeksen nicht. Obwohl er extrem verfressen ist. Und Männer gehen schon gar nicht. Dies ist bis heute so. Drei meiner männlichen Freunde können ihn inzwischen anfassen, er geht sogar hin um zu schmusen. Alle anderen. Keine Chance. Frauen gegenüber ist er inzwischen sehr zutraulich geworden und fasst relativ schnell Vertrauen.

Am schwierigsten war zu Anfang seine Schreckhaftigkeit und die totale Panik vor allem und jedem. Er hatte immer den Schwanz eingekniffen und den Hintern eingezogen. Als er das erste Mal seine Rute aufstellte war dies ein riesiger Erfolg für mich. Er markierte auch die ersten drei Wochen überhaupt nicht. Als er das erste Mal das Bein hob war ich stolz wie Bolle. Spielen mit Stöcken war auch kein Thema, viel zu sehr fürchtete er sich wenn ich einen Stock aufhob um ihn zu werfen. Heute markiert er wie ein Grosser, total Chefmässig an jeden Zaun, Ecke, Baum, Grashalm. Stöcke findet er nicht mehr gefährlich sondern einfach nur zum Gähnen langweilig. Spielzeug ist was tolles und nicht mehr ein Grund die Flucht zu ergreifen.

Immer wieder stellte ich mir die Frage was ihm wohl alles angetan worden war. (Riesenfehler!!) Da er zudem äusserst Kopgscheuh war ( teilweise heute noch ist)  kann man davon ausgehen dass er geschlagen wurde, auch eine Delle auf seiner Nase lässt darauf schliessen. Am Genick hat er eine ca 10 cm lange un 1 cm breite Narbe die wahrscheinlich von einer Kette oder Draht stammt. Alles in allem war er in einem erbärmlichen Zustand. Die Herzwürmer waren das geringste Problem, die konnten wir behandeln und ein halbes Jahr später waren sie nicht mehr nachweisbar. Herzwürmer, oder auch Filarien genannt, gehören zu den Mittelmeerkrankheiten, wie Leishmaniose, und sind über Mücken übertragbar. Ich werde in einem späteren Beitrag ausführlich über diese Krankheiten informieren.


Erschwerend kam damals auch mein Wohnsitz hinzu. Ich wohnte mitten in der Altstadt, an einer Hauptstrasse mit viel Verkehr, Geschäften, Menschen. Zum Glück war nur wenige Meter entfernt ein kleiner Park der für die Morgen und Abend Gassi Runde ideal und verhältnissmässig ruhig war. Trotzdem war die Lage nicht annähernd geeignet für einen ängstlichen Hund, es dauerte um einiges Länger bis er so etwas wie Routine entwickelt und sich an all die Geräusche gewöhnt hatte, als wenn wir z.B. auf dem Land gelebt hätten. Inzwischen sind wir umgezogen in ein ruhiges Wohnquartier mit viel Grün und dem Wald in der Nähe. Ich kann nur jedem empfehlen der sich einen traumatiesierten Hund holt, zuerst die Wohnsituation zu überdenken, denn solche Hunde tun sich in einer unruhigen, lauten Umgebung sehr schwer. Natürlich war mir dies klar gewesen, die Tatsache dass es in meiner Wohnung trotz allem was draussen war, ruhig war, und wir das Glück hanen, Wald und Fluss und viel Natur zu Fuss erreichen zu können, entschied ich mich, ihn trotzdem zu mir zu nehmen. Er würde sich schon an alles gewöhnen. Wie lange das aber wirklich dauern würde war mich nicht klar.


Ich hatte dann doch einige Zweifel ob es die richtige Entscheidung gewesen war. Ob es ihm irgendwo auf dem Land, bei Menschen die mehr Erfahrung hatten als ich, besser gehen würde. Doch es kam überhaupt nicht in Frage ihn abzugeben. Wir mussten da durch. Gemeinsam. Und ich wusste das er mich viel lehren konnte. Er lehrte mich das, was ich am allerwenigsten gut konnte. Geduld zu haben und ruhig zu bleiben. In den ersten Tagen und Wochen traute ich mich kaum, durch die Wohnung zu gehen oder mich von der Couch zu erheben. Geschweige denn ein Glas auf den Tisch zu stellen oder ähnliches. Er schreckte beim kleinsten Geräusch auf, die ersten Tage schlief er nur Nachts, wenn ich auch im Bett war und sich nichts mehr bewegte. Auch das war einer meiner grössten Fehler. Ich verhätschelte ihn viel zu sehr.

Er durfte alles. Verzweifelt versuchte ich, ihm gerecht zu werden, zu zeigen dass das Leben schön und er sicher ist, sich nicht mehr zu fürchten braucht. Waren wir allein in der Natur unterwegs, oder mit Freundinnen und ihren Hunden, ging es verhältnissmässig schnell bis er sich sicher fühlte und ein glücklicher Hund zum Vorschein kam.

Doch das war es dann auch. Egal wohin ich ihn sonst mitnahm, er hatte Panik. Besonders vor Menschen. Gemütlich Kaffee trinken im Reastaurant, unmöglich,

Besuch hatte ich kaum noch, da ihn das total aus der Fassung brachte. Tatsache war, dass sich sein Stress auf mich übertrug, was sich wiederum auf ihn übertrug. Kurzum, der totale Boomerang Effekt. Dazu sei kurz zu erwähnen dass ich mitnichten sowas wie ein augeglichener Mensch war zur damaligen Zeit, eigentlich mein Leben lang. Inzwischen hat sich das geändert, aber damals machte diese Tatsache das ganze Unterfangen noch viel schwieriger als onehin schon. Ein sensibler, unsicherer Hund, mit einem sensiblen, unsicheren, suchenden, angspannten Frauchen, nicht die beste Verbindung. Auf der einen Seite. Auf der anderen Seite jedoch war es genau das Richtige. Ohne Foxy wäre ich nicht die, die ich heute bin. Er hat mich gerettet. Nicht nur ich ihn.